
Aquaplaning: Wer haftet, wenn nichts mehr haftet?
- 1 Was ist Aquaplaning?
- 2 Wann tritt Aquaplaning auf?
- 3 Was sind die Warnzeichen für Aquaplaning?
- 4 Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich ins Rutschen komme?
- 5 Wie kann ich Aquaplaning sinnvoll vorbeugen?
- 6 Unfall durch Aquaplaning: Was zahlt die Versicherung?
- 7 Schützen Systeme wie ESP und ABS vor Aquaplaning?
- 8 Was hat das Verkehrszeichen „bei Nässe“ mit Aquaplaning zu tun?
- 9 Hat das Fahrzeuggewicht Einfluss auf das Aquaplaning?
- 10 Warum kann man bei Aquaplaning weder lenken noch bremsen?
Was ist Aquaplaning?
Hamburg, 8.30 Uhr, wieder mal Regen. Aber die Musik ist gut, die Heizung läuft, Sie sind in Gedanken ganz woanders. Das ist einer der Momente, in denen es passiert: Innerhalb von Sekundenbruchteilen verlieren Sie die Kontrolle über Ihr Auto. Bremsen und Lenken geht nicht mehr, die Reifen haben keinen Kontakt zur Fahrbahn mehr. Sie driften.
Aquaplaning, auch "Wasserglätte" genannt, ist Auslöser zahlreicher Unfälle. Dabei bildet sich ein Wasserfilm auf der Straße, der sich wie ein Keil vor den Reifen schiebt (Bugwelle) und ihm seine Haftung nimmt. Das Auto „schwimmt“ also quasi auf der Fahrbahn, weshalb auch oft von „Aufschwimmen“ die Rede ist. Was auch immer Sie jetzt tun: Lenk- und Bremskräfte werden nur noch auf den Wasserfilm, nicht mehr auf die Fahrbahn übertragen. Häufig kommt das Auto dadurch unkontrolliert ins Schleudern und verliert seine Bodenhaftung.
Wann tritt Aquaplaning auf?
Bei jedem stärkeren Regen kann es zu Aquaplaning kommen. Je mehr der folgenden Faktoren zusammenkommen, desto größer ist die Gefahr von Aquaplaning:
- Fahrgeschwindigkeit: Die Geschwindigkeit, mit der Sie unterwegs sind, hat den größten Einfluss auf Aquaplaning. Das hat physikalische Gründe: Vereinfacht gesagt ist es so, dass viel Wasser auf der Straße liegt und es nicht schnell genug vom Reifen verdrängt wird. Deshalb entsteht der gefährliche Wasserkeil. Je langsamer Sie fahren, desto besser verdrängt der Reifen das Wasser nach rechts oder links und desto besser haftet er weiterhin auf der Fahrbahn. Je nach Straßenbeschaffenheit, Wassermenge, Reifenart und anderen äußeren Umständen kommen Sie mal bei 80 km/h ins Schleudern, ein anderes Mal erst bei 140 km/h.
- Wassertiefe: Je mehr Wasser auf der Straße steht, desto mehr davon muss der Reifen auch verdrängen. Das heißt: Wenn viel Wasser da ist und nicht schnell genug abfließen kann, wird es auch schon bei geringeren Geschwindigkeiten brenzlig.
- Straßenbeschaffenheit: Auf Bundesstraßen und Autobahnen kommt Aquaplaning statistisch gesehen häufiger vor als auf Landstraßen und in Städten. Das liegt aber nicht am Straßenbelag, sondern an der Tatsache, dass hier schneller gefahren wird. Ansonsten tragen ein unebener Belag und eine geringe Straßenneigung vermehrt zum Aquaplaning bei. Gefahr besteht vor allem in Senken, Kurven, Unterführungen und bei Spurrillen.
- Profiltiefe der Reifen: Die Profile im Reifen sind dafür da, dass sie das Wasser aufnehmen. So haftet der restliche Reifen auf der Straße – er hat also Grip. Bei einem abgefahrenen Reifenprofil unter 4 Millimetern ist zu wenig Platz, das Wasser aufzunehmen. Es bildet stattdessen den erwähnten Keil, der Sie ins Rutschen bringt. Bei Sommerreifen bietet laut ADAC meist auch eine Profiltiefe von 3 Millimetern noch Schutz. Bei Winterreifen sollten es jedoch noch mindestens 4 Millimeter sein. Achtung: Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern ist zwar von der Polizei erlaubt, das Aquaplaning wird Sie aber dafür büßen lassen.
- Reifenbreite: Je breiter der Reifen, desto mehr Wasser muss verdrängt werden. Deshalb haben Breitreifen von Natur aus eine höhere Tendenz zum Aufschwimmen. Einige findige Hersteller haben spezielle Profile und Reifenkonturen entwickelt, die ihre Breitreifen etwas unempfindlicher gegen Aquaplaning machen. Ein erhöhtes Risiko bleibt dennoch.
- Reifendruck: Je niedriger der Reifendruck, desto höher ist die Gefahr von Aquaplaning. Das liegt daran, dass der Reifen dann nachgiebiger und träger ist. Er verdrängt das Wasser weniger gut, dehnt sich stattdessen noch aus und bietet mehr Angriffsfläche.

Was sind die Warnzeichen für Aquaplaning?
Machen Sie lieber das Radio aus, wenn es stark regnet: Laute Wassergeräusche im Kotflügelbereich sind eine klare Vorwarnung für Aquaplaning. Auch eine auffallend leichtgängige Lenkung oder ein Schlag am Lenkrad zeigen an, dass Ihr Auto mit den Wassermassen auf der Straße überfordert ist.
Die Kontrolllampe für das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) beginnt zu blinken. Sie ist eine der wichtigen Warnleuchten Auto, weil Sie unmittelbar darauf reagieren können. Eine plötzlich ansteigende Motordrehzahl bei ansonsten gleichbleibender Fahrt bedeutet, dass die Reifen auf der Straße durchdrehen.
Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich ins Rutschen komme?
Ein unkontrolliert rutschendes Auto ist Horror pur. In einem solchen Moment entscheiden meist Ihre Reflexe, was Ihr Körper nun tut. Selbst zum Durchatmen ist hier keine Zeit. Versuchen Sie deshalb, sich schon lange im Vorfeld einzuprägen, wie Sie als Fahrer bei Aquaplaning reagieren müssen. Das sind die Rettungsregeln:
- Lenkrad mit beiden Händen festhalten
- Fuß vorsichtig vom Gaspedal nehmen
- Geschwindigkeit langsam drosseln
- Auf die Kupplung treten
- Keine hastigen Lenkmanöver ausführen
- Nicht stark bremsen
Lenken Sie nicht plötzlich und bremsen Sie nicht zu stark!
Wie kann ich Aquaplaning sinnvoll vorbeugen?
Runter vom Gas! Das ist unbestritten die beste Vorbeugung gegen Aquaplaning. Nehmen Sie Geschwindigkeitsbegrenzungen bitte immer ernst, vor allem, wenn sie in Verbindung mit dem Schild „bei Nässe“ auftreten.
Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Reifen: Ist die Mindestprofiltiefe noch ausreichend? Ist der Reifendruck korrekt? Was sagen Tests über das Fahrverhalten Ihrer Reifen? Vielleicht lohnt beim nächsten Mal die Investition in einen hochwertigeren Reifensatz.
Falls Sie in letzter Zeit öfter mal beim Fahren durchgeschüttelt wurden, lassen Sie Ihre Stoßdämpfer kontrollieren. Denn kaputte Stoßdämpfer verringern nicht nur den Fahrkomfort, auch das Aquaplaning ist damit noch gefährlicher.

Diese Grafik zeigt, wie dramatisch es ist, wenn die Reifen den Kontakt mit der Straße verlieren, weil die Profile abgefahren sind. Bei 1,6 Millimetern brauchen Sie eigentlich gar keinen Regen mehr, um auf einer gewöhnlichen Landstraße ins Rutschen zu kommen.
Unfall durch Aquaplaning: Was zahlt die Versicherung?
Dieser Unfall wäre Ihnen nie passiert, wenn die Gemeinde mal ihre Straßen reparieren würde! Viele Autofahrer, die wegen schadhaften, regennassen Fahrbahnbelags von der Straße abgekommen sind, ärgern sich anschließend über Bund, Land oder Gemeinde. Immerhin muss der Eigentümer einer Straße für einen ordentlichen Regenablauf sorgen. Oder nicht?
Leider haben es bereits zahlreiche andere Autofahrer nicht geschafft, entsprechende Schadenersatzansprüche vor Gericht durchzusetzen. Ganz im Gegenteil: Diejenigen, die es probiert haben, mussten die Retourkutsche wegstecken – Ihnen wurde meist zu schnelles Fahren angelastet. Das heißt: Für Ihren Schaden haften Sie selbst. Haben Sie eine Vollkasko, übernimmt sie Ihre Kosten. Die Haftpflichtversicherung tritt nur für Schäden am Eigentum anderer ein, also beispielsweise für kaputte Leitplanken, andere Fahrzeuge oder umgefahrene Gartenzäune. Richtig Pech haben Sie, wenn die Polizei anschließend feststellt, dass Ihre Reifen abgefahren waren. Denn Profiltiefen unter 1,6 Millimetern sind nicht erlaubt. Wer so unterwegs ist, handelt fahrlässig und riskiert sogar seinen Versicherungsschutz!
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Ist Aquaplaning mit dem Rutschen auf Schnee und Eis zu vergleichen?
Vom Fahrgefühl her sicherlich. Physikalisch passiert dabei etwas anderes. Durch Schnee und Eis bekommt die Fahrbahn eine geringere Reibung und wird dadurch tatsächlich rutschig. Beim Aquaplaning ist sie aber eigentlich nicht glatt. Hier bildet sich ein Wasserfilm auf der Straße, der sich unter den Reifen schiebt und diesen aufschwimmen lässt.
Ab welcher Geschwindigkeit passiert Aquaplaning?
Das kann man nicht pauschal sagen. Je nach Straßenbeschaffenheit, Wassermenge, Reifenart und anderen äußeren Umständen kommen Sie mal bei 80 km/h ins Schleudern, ein anderes Mal erst bei 140 km/h.

Schützen Systeme wie ESP und ABS vor Aquaplaning?
Nein. Diese Assistenzsysteme kommen gar nicht erst zum Einsatz, weil die Reifen ja keinen Grip mehr haben. Entsprechend können sie ihre stabilisierende Wirkung auch nicht ausspielen. Einzige Ausnahme: Wenn nur 1 Rad betroffen ist, kann ESP die anderen 3 Räder regulieren und das Fahrzeug wieder unter Kontrolle bringen.
Was hat das Verkehrszeichen „bei Nässe“ mit Aquaplaning zu tun?
Eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Verbindung mit diesem Schild steht meist an Straßen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine erhöhte Aquaplaning-Gefahr aufweisen. Achten Sie einmal darauf: Meist ist dieses Schild auf Autobahnen, vor Überführungen, bei unebenem Fahrbahnbelag oder Spurrinnen zu sehen.
Hat das Fahrzeuggewicht Einfluss auf das Aquaplaning?
Mehr Leute und ein voller Kofferraum – presst das das Auto besser auf die Straße? Leider kaum bis gar nicht. Studien haben gezeigt, dass der Einfluss des Fahrzeuggewichts nur gering ist. Einzig die Erhöhung des Reifendrucks, die mit solchen Fällen oft einhergeht, bringt etwas.
Warum kann man bei Aquaplaning weder lenken noch bremsen?
Bei Aquaplaning funktionieren das Lenken und das Bremsen kaum noch oder gar nicht mehr, weil der Reifen keinen Kontakt mehr zur Fahrbahn hat. Dabei ist es egal, ob Sie ihn querstellen oder abbremsen möchten. Es ist so, als würde Ihr Auto in der Luft hängen. Riesenproblem: Bekommt der Reifen nach einigen Metern wieder (kurzfristig) Grip und Sie haben zuvor das Lenkrad voll eingeschlagen, wird das Auto ruckartig zur Seite ziehen. Dann kommen Sie erst recht ins Schleudern. Daher unbedingt heftige Lenkbewegungen vermeiden. Das Gleiche gilt fürs Bremsen.