
Stau-Saison: Ein Experte verrät, wie Sie am besten durchkommen
Warum entstehen Staus?
Kilometerlange Schlangen auf der Autobahn machen den Weg in den Urlaub zur Qual. Wir haben Professor Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg-Essen um Rat gefragt. Er ist ein international bekannter Stauforscher und hat den bundesweit einzigen Lehrstuhl für "Physik von Transport und Verkehr" inne.
Warum entstehen Staus? Sind es vor allem Unfälle, Baustellen oder ist es die Unfähigkeit der Deutschen ein Reißverschluss-System zu benutzen?
MICHAEL SCHRECKENBERG: Alle diese Ursachen tragen teilweise zur Stauentstehung bei: 60 bis 70 Prozent der Staus entstehen durch Überlastung. Das heißt, es sind einfach zu viele Fahrzeuge auf derselben Strecke, zur selben Zeit, in dieselbe Richtung unterwegs. Auch Unfälle und Baustellen tragen mit circa 15 bis 20 Prozent zur Stauentstehung bei. Ein – allerdings viel kleinerer Teil – geht auch auf widrige Wetterbedingungen zurück.
Und wie tragen die Autofahrer zur Stauentstehung bei?
MICHAEL SCHRECKENBERG: An den Überlastungsstaus ist meistens der Mensch Schuld. Auch die Staus durch Unfälle oder an Baustellen sind auf nicht kooperatives Verhalten der Verkehrsteilnehmer zurückzuführen. Es sind immer Einzelne, die Stauwellen auslösen.
Was können wir Autofahrer besser machen?
MICHAEL SCHRECKENBERG: Beispielsweise können Sie darauf achten, dass Sie immer eine Lücke zum Vordermann lassen, um dessen Bremsverhalten auszugleichen. Es ist außerdem wichtig, beim Spurwechsel die Geschwindigkeit zu halten, um die anderen nicht zum Bremsen zu zwingen. Gerade an Stellen, wo zähfließender Verkehr herrscht, kann es zu Stauwellen kommen, wenn ein Fahrzeug zu langsam fährt oder stark abbremst.
Das egoistische Fahrverhalten der Autofahrer ist also ausschlaggebend?
MICHAEL SCHRECKENBERG: Auf jeden Fall. Die Elektronik könnte das sicherlich besser machen. Wenn die Fahrzeuge in Zukunft über WLAN kommunizieren, dann wird alles viel besser laufen. Das einzige, was dann im Auto noch stört, ist der Mensch.
Lassen Sie immer eine Lücke zum Vordermann
Welche Tipps gibt es zum Umgang mit Stau?
Viele Autofahrer wechseln im Stau stetig die Spuren. Hat das überhaupt irgendeinen Effekt?
MICHAEL SCHRECKENBERG: Ja, das trägt leider nur zur Stauentstehung bei. Das ist ein psychologisches Phänomen: Fahrzeuge, die an Ihnen vorbei gefahren sind, prägen sich stärker ein, als Fahrzeuge, die Sie überholt haben. Die Wagen hinter Ihnen verschwinden einfach - aus dem Auge aus dem Sinn! Eine US-Studie besagt, dass man das Gefühl hat, von doppelt so vielen Fahrzeugen überholt worden zu sein, als man selbst überholt hat. Wenn Sie aber mal in einer Kolonne genau hinsehen, werden Sie feststellen, dass Sie nach einer halben Stunde immer noch neben denselben Autos herfahren wie davor. Also bleiben Sie am besten auf Ihrer Spur, so kommen alle schneller aus dem Stau.
Wie steht’s um das Unfallrisiko in Staus?
MICHAEL SCHRECKENBERG: Die meisten Unfälle passieren genau hier, da Staus in Wellen auftreten. Sie fahren also aus einem Stau raus, sind unkonzentriert, geben Gas und dann kommt die nächste Welle. So kommt es zu sehr gravierenden Auffahrunfällen.
Bleiben Sie bei Stau am Besten auf Ihrer Spur
Zum Schluss: Ihre besten Tipps zum Umgang mit Staus, bitte!
MICHAEL SCHRECKENBERG: Achten Sie darauf, zu verkehrsarmen Zeiten zu fahren. Es ist außerdem wichtig, sich darauf einzustellen, dass es zu Staus kommen kann – gerade wenn Sie mit Kindern unterwegs sind. Nehmen Sie also Spiele und Bücher mit. Denn wirklich problematisch wird es, wenn Sie sich nicht auf eine Situation vorbereitet haben und dann überrascht werden. Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie kooperationswillig!
Und wenn es gar nicht anders geht: Fahren Sie einfach runter von der Autobahn und suchen Sie sich einen Ort zum Übernachten. Dabei lernen Sie neue Landstriche kennen, die Sie sonst vielleicht nie gesehen hätten.
Wenn es im Stau mal krachen sollte, ist die Allianz für Sie zur Stelle. Nutzen Sie den SchadenDirektruf (00800 11223344) oder das Online-Formular, um einen Schaden zu melden.
